Holger (39) arbeitet ehrenamtlich als Telefonberater in der Kölner Aidshilfe und ist dort auch als Ehrenamtssprecher zuständig für das Qualitätsmanagement sowie die Sorgen und Probleme der anderen Ehrenamtler.
Was hat dich daran gereizt, in die Beratung zu gehen?
Ich war immer schon der Zuhörertyp – jemand, der Menschen gerne unterstützt. Ich hatte vorher auch schon andere Ehrenämter. Und vor vier Jahren bin ich zur Aidshilfe gegangen. Das passte einfach. Ich bin ja selber auch positiv.
Welche Fragen begegnen dir am häufigsten?
Es geht oft weniger um HIV und Risiken, auch wenn die Anrufer das glauben. Größtenteils haben sie gegen ihre eigene „Moralvorstellung“ verstoßen. Konkretes Beispiel: Jemand findet Pornokinos eigentlich ganz ekelhaft, hat sich dann aber einfach mal treiben lassen und ist reingegangen. Jetzt glaubt er, sich angesteckt zu haben. Einfach nur, weil er im Kino saß. Und bei dem, was er beschreibt, ist klar: Es gab schlichtweg kein Risiko. Aber er sieht dann HIV als potenzielle Bestrafung. Nach dem Motto: Das ist meine gerechte Strafe.
Hast du das Gefühl: Am Ende des Gesprächs sind die Menschen beruhigt und können wieder besser schlafen?
Auf jeden Fall. Meistens wissen die Leute ja eh, wie Safer Sex funktioniert – und dann bestärkt man sie noch mal: Du hast nichts falsch gemacht. Gut, dass du auf deine Gesundheit achtest. Das tut den Menschen gut. Viele bedanken sich zum Schluss, dass man sie aus ihrer Panik rausgeholt hat.
Was ist wichtig, wenn man Berater werden will?
Beratung ist im Vorfeld sehr aufwändig, weil man eine ganze Menge an Schulungen absolvieren muss, bevor man aktiv werden kann: im Bereich Medizin und Kommunikation. Man braucht erst mal den ganzen theoretischen Aufbau, um konkret arbeiten zu können. Das ist nicht zu unterschätzen. Die Schulungen finden ja auch eher sporadisch statt. Ich kenne Leute, die zwei Jahre gebraucht haben, bevor sie alles zusammenhatten.
Du hast ja noch deinen Beruf – nervt die ehrenamtliche Verpflichtung auch manchmal?
Also für mich ist es Ausgleich, kein Stress. Aber das ist genau der Punkt. Es kann immer den Moment geben, wo man nicht mehr kann. Dann ist es einfach seriös zu sagen: Ich pausiere jetzt oder ich muss kürzer treten. Es gibt ja keine Ehrenamtler erster oder zweiter Klasse. Das ist ganz wichtig. Niemand zeigt mit dem Finger auf dich und sagt: Hey, du machst das ja nur dreimal im Jahr. Es ist schließlich Freizeit. Und ich finde, wenn es keinen Spaß macht, sollte man es lieber sein lassen.
In welcher Form hat dich deine Arbeit bereichert?
Man nimmt aus dem Ehrenamt ganz viel mit. Da sind Freundschaften entstanden. Man lernt viel: Die ganzen Kommunikationsschulungen kann ich für meinen Beruf noch gut nutzen. Und dann natürlich die Anerkennung, wenn ich zum Beispiel in der CSD-Parade mitgehe oder sonstwo für die Aidshilfe unterwegs bin: Die Leute kommen immer auf einen zu und sagen: Das ist toll, was ihr macht!