Rollenmodell Florian (33) fasst die Themenwoche “Drogen” zusammen und erzählt wie unterschiedlich die Szene auf das Thema reagiert hat.
Mir war klar, dass das Thema „Sex- und Partydrogen“ unterschiedliche Reaktionen innerhalb der Szene auslösen wird. Kritische, heftige und gespaltene Reaktionen. So war es und das ist auch richtig so.
Dass so umfangreich über mein Interview, das Video und die Sinnhaftigkeit der Präventionsbotschaft diskutiert würde, hatte ich jedoch nicht absehen können.
Als am vergangenen Montag die ersten Anzeigen in der schwulen Presse mit meiner Botschaft „Die Dosis macht das Gift“ veröffentlich wurden, gab es zunächst kaum Reaktionen. Doch der neue Themenschwerpunkt von ICH WEISS WAS ICH TU war damit gesetzt.
Als am Nachmittag des gleichen Tages mein Interview und einen Tag später mein Video zum Thema auf Facebook veröffentlicht wurden, gab es dann aber doch die ersten Kommentare. Auch auf vielen anderen Seiten fanden sich unsere Inhalte wieder und wurden teils heftig diskutiert.
Als ich Dienstagmorgen online ging, warteten über 100 Kommentare auf mich. Natürlich hätte ich alleine die Pressestelle der Kampagne antworten lassen können, um die Diskussion, die manchmal die eigentliche Botschaft stark verzerrt darstellte, wieder ins richtige Licht zu rücken. Aber ich wollte der Kampagne ein Gesicht bieten. Nicht nur im Video und auf Anzeigen, sondern auch 1:1 im Dialog mit kritischen Usern. So bemühte ich mich immer wieder in unterschiedlichen Foren, den eigentlichen Sinn meiner Botschaft zu erklären. „Nein, ich wollte keine Werbung für Drogen machen. Nein, ich wollte nicht verharmlosen und das Thema schön reden. Nein, ich wollte nicht junge Schwule zum Drogenkonsum anleiten. Meine Kommentare wurden gehört. Die aufgebrachten Gegner der Kampagne merkten, dass sich der Typ aus dem Video dem Thema stellt. Mit vielen von ihnen ergaben sich sachliche und konstruktive Gespräche im Netz.
Das diese nicht in einer gemeinsamen Überzeugung endeten, war in Ordnung. Denn das Thema polarisiert. Mir war vielmehr wichtig, die Augen vor der Realität nicht zu verschliesen: Es gibt Drogenkonsum. Es gibt Männer, die konsumieren oder die feste Absicht haben, dies zu tun. Darauf muss eine Präventionskampagne wie ICH WEISS WAS ICH TU meiner Meinung nach reagieren. Den schwulen Männern müssen Strategien und Regeln zum Thema Safer Use angeboten werden. Alles andere wird meiner Meinung nach dem Thema und den Herausforderungen nicht gerecht.
Viele haben das verstanden. Einige wollten es nicht verstehen. Für den einen war ich im Video genauso schlimm, wie der Papst der in Afrika die Kondome verbietet, der andere zitierte den CSU-Politiker Gauweiler, der 1987 AIDS-Kranke als Aussätzige bezeichnete.
Einige kirchliche Gruppen schrieben mir in privaten Mails, sie würden für mich beten. Wieder andere empfahlen mir einen Psychologen. Allen habe ich geantwortet. Stets freundlich, stets bemüht, die eigentliche Botschaft zu erklären. Ob dies alles nun ein Erfolg war: Ich denke schon, von Flensburg bis ins tiefste Niederbayern haben sich in dieser Woche Menschen mit dem Thema beschäftigt, sich aufgeregt, mitdiskutiert und manchmal auch ihren Blick auf die Dinge verändert.
Viele User haben mir in privaten Nachrichten Mut gemacht, Dank ausgesprochen dafür, die Sache endlich mal beim Namen zu nennen und die Thematik als wichtig eingestuft. Mitarbeiter meines eigenen Unternehmens haben sich auch öffentlich für mich ausgesprochen und Familie und Freunde haben – trotz oft kontroverser Ansicht über die Thematik – das Thema „geliked“, geteilt und damit weiter verbreitet. Auf dem Folsom Straßenfest konnte das Präventionsspiel „Leg dir deine Karten“ zahlreiche Standbesucher über Risiken beim Drogenkonsum informieren und wichtige Aufklärungsarbeit leisten. Und auch hier kamen sowohl Kritiker als auch Befürworter, um über das Thema zu sprechen. „Danke, dass endlich mal jemand kein Blatt vor den Mund nimmt“, sagte gestern ein Folsom-Besucher zu mir, als er mich am Stand erkannte.
Über den gesamten Zuspruch habe ich mich am Ende genauso gefreut wie über die kritischen Stimmen, die das Thema hervorbrachten. Denn beide hatten eines gemeinsam: Sie haben das Thema offen, selbstbewusst und kritisch behandelt.
Unsere Mission, sich in der Themenwoche intensiv mit Sex- und Partydrogen auseinanderzusetzen, ist meiner Meinung nach geglückt. Danke an alle, die hierzu ihren Teil beigetragen haben!