San Francisco ist die erste Stadt der USA und wohl auch weltweit, in der an schwule Männer Femidome verteilt werden. Man will damit für eine weitere Möglichkeit werben, mit der sich das Risiko einer HIV- und STI-Übertragung minimieren lässt. Bernd Aretz wollte wissen, wie sich das „Kondom für die Frau“ beim mann-männlichen Sex anfühlt und stellte sich mit einem Selbstversuch in den Dienst der Forschung
„Femi was???“ Meine krankengymnastische Domina googelte sofort das Frauenkondom und merkte an, „sehr erotisch ist das nicht. Warum nehmen die Jungs nicht einfach Kondome?“ Der neue Trend der „Sisters of Perpetuel Indulgence“ in San Francisco, Femidome an den schwulen Mann zu bringen, verblüfft ja erst mal. Aber warum die Jungs ungern – wenn auch erfreulich oft – Kondome nehmen, konnte ich ihr schon beantworten. „Die wahren Abenteuer sind im Kopf, und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie nirgendwo“, weist uns André Heller den Weg.
Im Kopf ist der Pariser und behindert ganz untergründig das Gefühl des Verschmelzens, sich dem andern völlig hinzugeben oder ihn aufzunehmen. Er erschwert es, unkontrolliert dem Impuls des Augenblicks zu folgen. Manche haben Schwierigkeiten beim Anlegen oder Erektionsprobleme, und ganz selten kommt die so häufig als Ausrede genannte Latexallergie auch tatsächlich mal vor. Kondome sind halt nicht, wie Detlev Meyer in dem frühen Leporello „Pariser leben“ so schön schrieb, die niedlichen, flutschigen Dinger aus den frühen Anzeigen der Aidshilfe, sondern ein sehr wirksamer Schutz gegen alle möglichen Krankheiten, die man sich nicht vorstellen möchte – schon gar nicht im Subjekt der Begierde.
Sie erotisch zu besetzen, gelang vielleicht als Jugendlicher mit verrückt spielenden Hormonen. Da konnte das Einbeziehen des wenigstens in den sechziger Jahren noch sehr verrucht scheinenden Präservativs im Selbstversuch die Masturbation bereichern. Heute sehe ich Kondome eher als Möglichkeit zum Angstabbau. In der „Scheune“, einem Berliner Schwulenlokal, kann es beispielsweise passieren, dass ein Mann erklärt: „Hier muss man es ja extra sagen: Ich bin negativ und möchte es auch bleiben“. Da ist es dann sehr komfortabel, antworten zu können. „Das ist doch kein Problem. Es gibt Gummis und Handschuhe. Ich bin positiv, seit langem unter der Nachweisgrenze. Da wäre es noch nicht mal tragisch, wenn mit einem Pariser irgendetwas schiefgeht.“
Vielleicht kann man die Palette jetzt erweitern und auf einen Geheimtipp verweisen: das Femidom. Die erste Internetrecherche scheint nichts Gutes zu verheißen. Heterosexuelle Männer jedenfalls scheinen es nicht sehr zu schätzen. Aber vielleicht waren in den Kommentaren die Machos am Werk, die meinen, die Frau solle die Pille nehme, sie seien zu nichts verpflichtet. Die Angelegenheit erfordert einen Selbstversuch.
Die Verkäuferin im Sexshop meines Vertrauens erwähnt, dass sie nicht besonders gut verkauft werden. Und sie hat nur eine Marke aus Latex. Na ja, mit etwa drei Euro je Stück haben sie auch einen stolzen Preis. Der Partner ist skeptisch. Pariser sind, wenn sie nicht unbedingt sein müssen, auch nicht sein Ding. Aber was tut man nicht alles im Dienste der Forschung. Ein großer, ziemlich fester Ring als Abschluss eines überdimensionierten Parisers harrt der Anwendung. Ein bisschen kurz sieht er aus, aber das täuscht, da passt gut eine ausgestreckte Pranke rein.
Ohne jetzt allzu sehr ins Detail der Femidom-Applikation zu gehen, muss ich sagen, dass ich sie schon sehr genossen habe. Und bei den weiteren Handlungen konnte ich nicht wirklich einen Unterschied zum Kondom oder zu „ohne“ feststellen. Nicht ganz, denn es veränderte etwas im Kopf, der Versuch der Wahrnehmung des Unterschieds tauchte immer wieder mal auf. Das hatte seine eigene Qualität.
Beide Partner mit einem solchen Teil auszurüsten, eröffnet im Übrigen wieder die Möglichkeit, dem Augenblicksimpuls nachzugeben und sich einfach treiben zu lassen. Und auch mein Partner stellte überrascht fest, dass Femidome ganz unproblematisch und auf jeden Fall für ihn angenehmer als Kondome seien. Er sei allerdings immer wieder in Versuchung gewesen, den Weg neben dem Femidom zu suchen.
Natürlich wird das nicht dazu führen, dass wir untereinander in Zukunft von unserer bewährten Viruslastmethode abgehen. Aber unsere Skepsis ist der Erkenntnis gewichen, dass Femidome die Schutzmöglichkeiten tatsächlich angenehm erweitern. Es gibt sie als VA-Condom auf Latexbasis und als Femidom Latexfrei. Einen Versuch auf der häuslichen Spielwiese kann ich nur empfehlen – auch wenn er nichts anderes bringt, als wieder einmal bewusst und verabredet miteinander und aneinander Spaß zu haben.