Der niederländische Coming-out-Film „Jongens“ erzählt in wunderschönen Bildern von einer ersten Liebe.
Wer auch immer von diesem Film erzählt, wird diese Szene nicht unerwähnt lassen. Und dabei ist sie alles andere als spektakulär. Zwei Jungs tollen ausgelassen in einem See und machen all den Quatsch, den man an einem heißen Sonnentag beim Baden nun mal so macht. Bis sie sich erschöpft auf einen im Wasser liegenden Baustamm hängen, langsam wieder zu Atem kommen und sich dabei in die Augen schauen.
Für einen Moment ist da nur noch das Geräusch des Wassers und dann beugt sich Marc (Ko Zandvliet) mit einem Lächeln zu seinem Gegenüber – und küsst Sieger. Und der mit seinen knapp 16 Jahren nur ein wenig jüngere Sieger (Gijs Blom) ist weder erschreckt noch irritiert, sondern erwidert den Kuss ohne langes Zögern.
Für den Zuschauer ist diese wildromantische Szene, den die Kamera gewissermaßen über den Köpfen der Jungs schwebend aufgenommen hat, nicht wirklich überraschend. Denn die Blicke, die die beiden Teenager beim gemeinsamen Training ihres Staffellaufteams immer wieder miteinander austauschten, waren kaum fehl zu deuten. Im Gegenteil, man konnte geradezu hautnah mitverfolgen, wie das gegenseitige Interesse der beiden aneinander wuchs und damit gleichermaßen auch die erotische Spannung.
Ein Sommerfilm mit sonnenhellen und manchmal fast zu schönen Bildern.
An Coming-out-Filmen herrscht freilich keinerlei Mangel und überraschend neue Aspekte vermag auch die niederländische Regisseurin Mischa Kamp nicht zu erzählen. Was ihre Liebesgeschichte allerdings von vielen abhebt, ist die Leichtigkeit, mit der hier von diesem kleinen Wunder der ersten Liebe, von den Verunsicherungen und Ängsten, von der Aufregung und vom alles überstrahlenden Glück erzählt wird. „Jongens“ (Jungs) ist ein Sommerfilm mit sonnenhellen und manchmal fast zu schönen Bildern.
Ein ruhig und unaufgeregt sich entwickelndes Liebesdrama mit den athletischen, überaus sympathischen Hauptdarstellern Ko Zandvliet und Gijs Blom, denen man jede Regung blindlings abnimmt und die einen unversehens in die Gefühlsverwirrungen des eigenen Coming-out zurückversetzt.
Ganz unproblematisch freilich ist auch Siegers Entdeckung der Liebe nicht. Denn schon in der Szene gleich nach dem alles verändernden Kuss sieht er sich zu einer Klarstellung bemüßigt: „Ich bin nicht schwul“. „Natürlich nicht“, antwortet ihm Marc. Er, der sich seiner Gefühle weitaus sicherer ist, weiß, dass Sieger noch etwas Zeit braucht. Ihn auf dem Rummelplatz Arm in Arm mit einem Mädchen zu sehen, schmerzt ihn allerdings doch. Aber auch für Sieger fühlt sich diese lässige, zuvor noch so selbstverständliche Geste mit einem Mal falsch an. Und doch wird er Marc noch viel tiefer verletzen müssen, bevor er nicht nur den entscheidenden Wettkamp im Sportstadion, sondern auch seinen inneren Kampf ausgetragen hat.
„Jongens“ NL 2014. Regie Mischa Kamp. Mit Gijs Blom, Ko Zandvliet, Jonas Smulders, Ton Kas. 78 min., OmU.
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