Sehr witzig!

In „I love you, Phillip Morris” wird eine vorgetäuschte Aids-Erkrankung zur billigen Pointe.

Neu im Kino: In „I love you, Phillip Morris” wird eine vorgetäuschte Aids-Erkrankung zur unerfreulichsten Pointe einer wahren schwulen Liebesgeschichte

Machen wir es kurz:  „I love you, Phillip Morris“ ist ein wirklich lustiger Film – für bestimmte Heteros. Es gab in den letzten Jahren im Kino keine Gelegenheit sich derart hemmungslos über Schwule lustig zu machen wie hier. Und das ist überhaupt nicht komisch.

Die Geschichte: Der konservative Amerikaner Steven Russell (Jim Carrey) stirbt fast bei einem Autounfall und beschließt danach, sich von nun an nicht mehr selbst zu verleugnen. Er verlässt seine tief religiöse Frau und beginnt seine Homosexualität auszuleben. Mit allem, was dazu gehört: teure Klamotten, teurer Schmuck, teure Autos, teure Liebhaber. Da sich das kein normaler Mensch leisten kann, behilft sich „unser“ Held mit Trick- und Kreditkartenbetrügereien, um an das Geld zu kommen, das er offensichtlich braucht, um ein von der Gesellschaft gelittener Schwuler zu sein.

Als Steven deswegen im Kittchen landet, lernt er ausgerechnet dort die Liebe seines Lebens kennen: Phillip Morris (Ewan McGregor), einen zarten Blondschopf. Als der freikommt, hat Steven solche Sehnsucht, dass er ausbricht – das erste von vielen Malen. Bei diesen Ausbrüchen täuscht er alles vor, was man vortäuschen kann: Er nimmt verschiedene Identitäten an, besticht, betrügt und stiehlt, wo und was er kann, um nur so schnell wie möglich zurück in Phillips Arme zu kommen.

Als gar nichts anderes mehr geht, tut er über Monate so, als würde er an Aids sterben, um dann mit dem Krankenwagen, der ihn ins Hospiz bringen soll, zu fliehen. „Und in all der Zeit ist niemand auf die Idee gekommen, einen HIV-Test zu machen. So ist das in Texas, Baby.“ So lassen die Filmemacher Steve seinen Coup auskosten. Am Ende hat er alle betrogen, die er je geliebt hat – inklusive sich selbst – und landet lebenslang hinter Gittern.

Alles nur gespielt: Die große Liebe hinter Gittern

Erstmal:  Die Geschichte ist wahr. Steven Russell gibt es wirklich und er liebt Phillip Morris wohl immer noch, auch wenn er seine 144-jährige Gefängnisstrafe inzwischen in einem US-Hochsicherheitsgefängnis allein absitzen muss. Die Geschichte könnte also wirklich lustig sein. Zweitens: Der Film hat mit Jim Carrey und Ewan McGregor zwei wirklich talentierte Hauptdarsteller, die zudem noch große Stars sind. Und drittens: Der Film ist von den Machern wohl als große, schillernde Liebesgeschichte gedacht.

Aber, viertens: „I love you Phillip Morris“ ist leider eine homosexuelle Chargenschau übelsten Ranges geworden, in der nichts und niemand heilig ist, und in der es nicht eine einzige sympatische Figur gibt. Sowas nennen Kritiker ein komplettes Fiasko – auch wenn sich vielleicht manch ein heterosexueller Kinozuschauer über die beiden schwulen, irre verliebten, ständig overactenden, ihren Aidstod vortäuschenden Schwerverbrecher auf der Leinwand wegwerfen wird. Das ist nicht einfach nur geschmacklos, das ist dämlich und somit brandgefährlich.

Das wirklich Spannende: der Verleih versucht den Film als große schwule Liebesgeschichte zu verkaufen, in dem liebende Männer mehrfach Gefängnismauern überwinden, um beieinander zu sein. Auch das ist glatter Betrug.

(Paul Schulz)

„I love you, Phillip Morris“, mit Ewan McGregor, Jim Carrey u.a. Regie: Glenn Ficarra, John Requa, ab 29.4. im Kino

Homepage des Films mit Trailer

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