„Sorry, dass mein HIV dich beleidigt“

HIV+Respekt
Wie gehen wir in der schwulen Szene mit HIV-Positiven um? (Foto: POSITHIV HANDELN NRW/Stephan Gellrich)

David Duran ist Blogger bei The Huffington Post und freier Mitarbeiter bei Out sowie beim HIV Plus Magazine. In seinem Beitrag „I’m sorry my HIV offends you“ (etwa „Sorry, dass mein HIV dich beleidigt“), der am 15. März auf huffingtonpost.com erschien, setzt er sich damit auseinander, wie viele Männer aus der schwulen Szene mit ihren HIV-positiven Mitbrüdern umgehen.

Vielen Dank an David, dass wir seinen Text hier veröffentlichen dürfen!

Dating-Apps machen es einem leicht, ein Arschloch zu sein, weil man sich einfach hinter seinem Smartphone verstecken kann. Wer sich nicht rasch damit abfindet, dass Männer online ganz schön grausam sein können, wird leicht verletzt. Die meisten nehmen kein Blatt vor den Mund und sagen klar und deutlich, was sie mögen und was nicht. Manche schreiben sogar „keine Tunten“, „keine Asiaten“ oder „keine Dicken“ in ihre Profile – offenbar kann „Ehrlichkeit“ auch die hässlichen Seiten des Inneren nach außen kehren. Was ich aber am schlimmsten finde, ist der Umgang mit HIV-positiven Männern, die so ziemlich dasselbe wollen wie die anderen auch. „Bin sauber/gesund und erwarte das auch von dir“ – das ist wohl der am weitesten verbreitete ignorante Satz, den man online finden kann.

Es ist so leicht, ein Schwein zu sein

Klar, wir haben alle unsere Vorlieben. Und ich kann verstehen, wenn ihr denkt, dass ihr am besten gleich zu Anfang Klarschiff macht. In Wahrheit aber seid ihr beleidigend, und eure Profile und Suchbegriffe sind auch beleidigend. Okay, nicht jeder kennt sich mit HIV aus, und nicht jeder kann damit umgehen, wenn sein Date oder sein Sexpartner positiv ist. Das ist auch völlig in Ordnung. Aber der Ton macht die Musik. Jedes Mal, wenn ich mich gerade wunderbar mit jemandem über eine dieser Apps unterhalte und das Ganze potenziell sexuell zu werden beginnt, warte ich nur auf diese Frage, die garantiert irgendwann kommt. Übrigens: Ich finde es gut, dass die meisten nach dem HIV-Status fragen. Aber was wollt ihr denn als Antwort auf eure Frage hören? Fragt ihr nur, weil man das halt so fragt und das Ganze dann schnell abhaken kann, oder wollt ihr wirklich eine ehrliche Antwort?

Es hat schon etwas von einem Automaten, wenn man das einfach nur so fragt, um es hinter sich zu bringen. Aber woher wollt ihr eigentlich wissen, ob euer potenzieller Sexpartner euch auch die Wahrheit sagt – oder einfach nur das, was ihr hören wollt, damit er euch ins Bett kriegt? Es wäre doch ein Kinderspiel, einfach zu sagen: „Klar, ich bin auch ‚gesund‘.“ Mehr braucht ihr nicht, um jemandem zu vertrauen? Seid ihr so heiß darauf, in die Kiste zu steigen, dass diese drei Wörtchen euch schon überzeugen, obwohl ihr doch nur allzu gut wisst, dass das auch völliger Bullshit sein könnte? Am faszinierendsten aber finde ich die Reaktionen, wenn jemand eine ehrliche Antwort bekommt …

Es tut weh, wenn schwule Männer sich so verhalten

Einem anderen zu sagen, dass man positiv ist, ist nicht einfach. Dazu braucht man Mut und manchmal auch ein dickes Fell, vor allem beim Daten. Wenn ich mit jemandem chatte und diese Frage gestellt wird, zucke ich innerlich immer zusammen und sage mir, dass wir das besser sofort klären, damit ich wieder auf die Suche gehen kann, falls es für mein Gegenüber nicht okay ist. Normalerweise antworte ich deshalb sehr schnell und logge mich dann einige Zeit aus, um mir selbst Mut zuzusprechen, bevor ich die Unterhaltung fortsetze. Beim Einloggen finde ich dann manchmal aber überhaupt keine Antwort vor. Als hätte meine Ehrlichkeit nicht keine Antwort oder zumindest ein „Nein danke“ verdient. Was mich aber auf die Palme bringt, sind Leute, die dich dann einfach nur automatisch blocken. Entschuldigung, hab ich dich mit irgendetwas beleidigt, dass du glaubst, mich blocken zu müssen? Findest du meinen HIV-Status so schlimm? Oder bist du einfach nur ein selbstsüchtiger kleiner Feigling, dass du das Gespräch nicht wenigstens höflich beenden kannst?

Es tut weh, wenn schwule Männer sich online so verhalten. Ich bin immer wieder stolz auf mich, wenn ich ehrlich und geradeheraus meinen Status offenlege. Das ist wie gesagt nicht leicht, aber ich komme damit klar und schäme mich nicht dafür. Ich habe nicht mal das Gefühl, mich verteidigen oder irgendwelche Entschuldigungen für meinen Status angeben zu müssen. Warum auch? Aber es tut enorm weh, wenn deine eigene Community dich verstößt und auf dich herabsieht. Wie schnell doch alle ihre eigene Geschichte vergessen und sich von ihrem Bruder abwenden, der einst genau so war wie sie – diese höchst unselige Ignoranz ist ein Schandfleck für unsere Community. Das Verhalten, das viele meiner Brüder an den Tag legen, verletzt mich, macht mich wütend und stößt mich ab. Und ich hoffe sehr, dass niemand von ihnen einmal auch in meine Lage gerät.

Mpox

Mpox - Aktuelle Information

Mehr Raum _ Safer Spaces for Queers

Mehr Raum

Geh zum Test

Darkroom-Charaktere: Der Wels

Schwul. Trans*. Teil der Szene!

Weitere Angebote

Wir bieten unterschiedliche Beratungsangebote an. Egal ob online, per Telefon oder im Live Chat: erfahrene und geschulte Berater*innen stehen dir bei allen Fragen rund um HIV, Geschlechtskrankheiten, Chemsex und zum psychischen Wohlbefinden zur Verfügung. Bei der Antidiskriminierungsstelle kannst du dir Hilfe suchen, wenn du aufgrund deiner HIV-Infektion Diskriminierung erfahren hast.