Safer Sex bleibt Spitzenreiter

Blasen beliebter als Analverkehr, Schutzverhalten stabil, medizinische Checks unzureichend

EMIS liefert neue Zahlen über schwulen Sex in Europa. Das Schutzverhalten in Deutschland ist stabil und schneidet im Vergleich bestens ab. Die schlechte Nachricht: Checks auf sexuell übertragbare Infektionen sind völlig unzureichend. Blasen sehr beliebt!

Safer Sex bleibt Goldstandard (Foto: Thomas Max Müller/pixelio.de)

Das Sexleben eines Schwulen muss man sich so vorstellen: Kennenlernen eines Partners übers Internet, dann auf jeden Fall Blasen, meist auch gegenseitiges Wichsen, häufig Analverkehr – inklusive Schutz vor HIV. Das Ganze mit zwei bis zehn Männern pro Jahr.

Bevor jetzt Protest aufkommt: Ist alles nur Statistik. Im echten Leben macht’s natürlich jeder auf seine Weise. Aber interessant ist es schon, was rauskommt, wenn man mehr als 180.000 schwule und bisexuelle Männer in ganz Europa fragt, wie sie’s treiben.

Genau das hat das Team der  Europäischen  Internet-Befragung EMIS letztes Jahr auf die Beine gestellt. In Deutschland nahmen mehr als 53.000 Männer teil! Jetzt ist der zweite Community-Report mit Ergebnissen erschienen – und mit bestem Dank und jeder Menge Infos für diejenigen, die die Studie durch ihre Teilnahme möglich gemacht haben: Die Community, ihre Medien und vor allem Gay Romeo.

Individuelle Vorlieben erfasst die Statistik nur bedingt... (Foto: Kerstin Ziebandt/pixelio.de)

Hier die spannendsten Sex- und Schutzfakten:

Blasen ist die beliebteste Sexpraktik – noch vor gegenseitigem Wichsen!

83% Prozent der Befragten in Deutschland hatten in den letzten 12 Monaten Analverkehr. Wobei die Werte in Spanien, Portugal, Weissrussland und Russland höher sind, „Spitzenreiter“ ist überraschenderweise Moldawien: 94%! Schweden, Finnen und Estländer hielten sich beim Analverkehr auffällig zurück (alle 78%).

Drei Viertel der befragten Männer in Deutschland berichteten, sie hätten in den letzten 12 Monaten vor der Befragung keinen Sex mit einem HIV-Übertragungsrisiko gehabt (hier definiert als ungeschützter Analverkehr mit einem Partner, dessen HIV-Status sie nicht kannten oder der ein anderes Testergebnis hatte als sie selbst). 25% berichteten von mindestens einem solchen Risiko in den letzten 12 Monaten.

Das Safer-Sex-Verhalten ist also offenbar weiterhin stabil! (In den früheren Studien des Soziologen Michael Bochow, der auch an EMIS beteiligt ist, gaben immer rund 20% der Befragten gelegentliche, 10% häufigere Risikokontakte an.)

Und Deutschland steht mit diesen Zahlen sehr gut da. Nur die Schweiz, Österreich, Luxemburg und Slowenien schneiden besser ab. Am meisten riskanten Sex gab’s in der Türkei: 49% der Befragten berichteten von entsprechenden Kontakten.

... aber es gibt auf jeden Fall noch viel mehr als Verkehr (Foto: Dieter Poschmann/pixelio.de)

Dazu IWWIT-Kampagnenmanager Matthias Kuske: „EMIS zeigt erneut, dass es zum Glück keine ,zunehmende Sorglosigkeit‘ gibt. Die große Mehrheit setzt konsequent auf Safer Sex. Das ist beachtlich und verdient Respekt! Die Rede von der Sorglosigkeit hingegen ist gefährlich, weil viele Menschen dazu neigen, ihr Verhalten Trends anzupassen – so könnte eine selbsterfüllende Prophezeiung draus werden.“

Aber wir wollen noch ein bisschen über Sex reden: Die meisten Befragten (europaweit) haben zwei bis zehn Sexpartner pro Jahr, die sie überwiegend im Internet kennenlernen. In Deutschland hatten im Jahr vor der Befragung 47% zwischen zwei und zehn Sexpartnern, 23% mehr als zehn. 41% lebten in einer Beziehung mit einem Mann.

Je mehr Partner, desto wichtiger sind regelmäßige Checks auf sexuell übertragbare Infektionen (Sexually transmitted Infections, STI). Dank EMIS wissen wir nun: Solche Untersuchungen finden in Deutschland viel zu selten statt und sind oft völlig unzureichend. Es ist kaum zu glauben: 28% der deutschen Befragten machten einen Check, aber nur bei etwa jedem fünften der Untersuchten wurden dabei auch Penis und Anus in Augenschein genommen. Bei einer Untersuchung auf sexuell übertragbare Krankheitserreger bei schwulen Männern!

Untersuchungen sind nicht fürn Arsch! (Foto: Alexander Hauk/bayern-nachrichten.de/pixelio.de)

Bei den anderen Checks wurden nur Bluttests gemacht. Damit kann man zwar zum Beispiel eine Syphilis feststellen. Aber um Feigwaren, analen Tripper oder Chlamydien aufzuspüren, muss man schon hinschauen und gegebenenfalls einen analen Abstrich machen. Solche Infektionen bleiben aufgrund der unzureichenden Untersuchungen oft unentdeckt. Das ist auch deswegen fatal, weil sexuell übertragbare Infektionen das Risiko einer HIV-Übertragung erhöhen können.

Fazit: Wer zu den vielen Männern gehört, die mit wechselnden Partnern Sex haben, sollte regelmäßig checken lassen, ob alles okay ist, auch wenn er keine Beschwerden hat. Und zwar von einem kompetenten Arzt, der weiß, was schwule Männer in Deutschland so treiben, und damit kein Problem hat. Wer ein HIV-Risiko hatte, sollte sich testen zu lassen. Nur so kann man gegebenenfalls rechtzeitig mit einer Therapie beginnen.

Hier aber auch mal gucken (lassen) (Foto: Klaus Rupp pixelio.de)

Ansonsten gilt: Weiter so! Oder auch anders – ganz nach Geschmack eben.

EMIS-Website mit den Community-Reports zum Download

Bericht zum Start von EMIS auf iwwit.de

Bericht zu Community-Report 1 auf iwwit.de: „Du und dein Freund, ihr seid heißer als Brad Pitt!“

(Holger Wicht)

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