Sein Gesicht prangt auf Plakatwänden und Postkarten: Unser Rollenmodell Markus war Teil der bundesweiten Kampagne zum Welt-Aids-Tag unter dem Motto „Positiv zusammen leben“. Wir haben uns mal erkundigt, wie Markus den Medienansturm übertanden hat
Markus, wie war dein Welt-Aids-Tag?
Anstrengend! Aber das habe ich ja so gewollt. Ich bin um sechs aufgestanden und war erst um ein Uhr nachts wieder zu Hause. Das erste Interview hatte ich noch im Auto, ein Frankfurter Radiosender hat angerufen.
Auch Sat1 hat dich interviewt. Schon gesehen?
Nein, als der Beitrag abends gesendet wurde, war ich in der zentralen Veranstaltung zum Welt-Aids-Tag in der Paulskirche. Aber ich bekomme den Beitrag noch zugeschickt.
Wusstest du auf alle Fragen eine Antwort?
Ja, ich hab ja mittlerweile etwas Erfahrung im Interviewgeben. Das läuft recht gut. Die Fragen waren auch oft ähnlich: ob und wie man mit HIV leben kann, und bei wem ich mich damit geoutet habe. Ich habe mich bemüht locker rüberzukommen. Es sollte ja nicht klingen wie: Ich habe HIV und bin sooo traurig!
Welchen Auftritt fandest du selbst am besten?
Die Vorstellung der Kampagne im Bundesgesundheitsministerium. Da war noch alles sehr aufregend für mich. Und es waren viele Leute von ICH WEISS WAS ICH TU dabei. Hier in Frankfurt war ich dann oft wieder der einzige Positive.
Und nach dieser Kampagne bist du ab sofort der Positive in Frankfurt.
Mir macht das nichts aus. Aber es wäre schön, wenn die Kampagne dazu führt, dass sich mehr Positive outen.
Auch wenn es nicht auf den Plakaten steht: Viele wissen nun auch, dass du schwul bist. Stört dich das?
Nein, überhaupt nicht. Geärgert habe ich mich nur über eine Diskussion in einem Online-Forum, auf die ich zufällig gestoßen bin. Da schrieben die Leute, dass die Männer auf den Plakaten alle so schwul aussehen und dann würden sie auf dem Foto ausgerechnet kochen. (Gemeint ist das Plakat mit Botschafter Kay, Anm. der Red.) Man hätte ihnen besser einen Fußball in die Hand drücken sollen. Aber egal: Die Kommentare zeigen, dass die Kampagne nicht für die Katz war. Die Leute diskutieren drüber.
An deinem Arbeitsplatz – ein öffentlicher Ort – hast du ja extra einer Kollegin von der Kampagne erzählt, damit sie es weitertratscht. Hat sie gute Arbeit geleistet?
Das war gar nicht mehr nötig: Die Postkarten mit meinem Motiv lagen nämlich plötzlich auch an meiner Arbeitsstelle aus. Ich war überrascht, wie sehr meine Kollegen hinter mir stehen. Einem Kollegen, der über mich tuscheln wollte, haben sie gleich gesagt: Hör doch auf zu reden und frag ihn selbst!
Was haben sie denn zu dir so gesagt?
Die meisten haben gesagt: „Cool, dass du das machst! Warum hast du uns nicht vorher Bescheid gesagt?“ Einer kam auf mich zu und meinte, ob er mir eine private Frage stellen dürfe. Er wollte wissen, ob ich positiv bin. Danach haben wir uns eine halbe Stunde lang ausgetauscht. Das war sehr gut! Genau das ist ja das Ziel der Kampagne: Die Leute sollen Fragen stellen, wenn sie etwas wissen wollen.
Und deine Freunde Pascal und Sebastian haben es noch nicht bereut, dass sie mit dir auf dem Plakat posieren?
Nein, der Medienrummel ist ja an ihnen vorbeigegangen. Die sind immer noch stolz wie Oskar. Das ist auch ihr gutes Recht.
Was hat die Kampagne dir persönlich gebracht?
Ich glaube, ich bin daran gewachsen. Auch wenn ich vorher schon relativ entspannt war, fühle ich mich jetzt noch relaxter. Selbst wenn mich jetzt jemand wegen meiner Infektion anfeinden würde: Ich weiß, was ich tu, und habe meine Mitte gefunden.
(Interview: Philip Eicker)