Seit einigen Jahren steigen die Fälle von Syphilis-Erkrankungen in Deutschland, insbesondere unter schwulen Männern. Kann Mann sich schützen und was tun, wenn’s einen doch erwischt hat?
Franzosenkrankheit, Lues, Lustseuche, harter Schanker – die Krankheit hatte im Verlaufe der Jahrhunderte schon viele verschiedene Namen und ist derzeit aktueller denn je. Denn die Zahl der Infektionen steigt. „Wir haben mit der Syphilis in den letzten Jahren kontinuierlich zu tun und fast ausschließlich handelt es sich dabei um Männer, die Sex mit Männern haben“, sagt Dr. Stefan Fenske vom Infektionsmedizinischen Centrum Hamburg. Genauer gesagt, sind es insbesondere Männer mit wechselnden Sexpartnern.
Bei welchen Symptomen sollten also die Alarmglocken schrillen?
„Das genau ist eben das Heikle an der Syphilis“, erklärt Fenske. „Denn oft zeigen sich gar keine oder völlig unspezifische Symptome wie Fieber, Gelenkschmerzen und Appetitlosigkeit. Aufmerksam sollte man werden, wenn ein nicht juckendes Geschwür schlecht abheilt und es sich an einer Körperregionen befindet, mit der man beim Sex in Kontakt kommt – wie Hintern, Schwanz und Rachen.“
Viele Infektionen werden jedoch eher zufällig entdeckt, wenn aus anderen Gründen Blutuntersuchungen gemacht werden. „HIV-positive Patienten haben da in gewisser Weise einen Vorteil“, sagt Fenske. Denn deren Blut wird im Rahmen der Behandlung regelmäßig alle drei Monate kontrolliert wird, sodass auffällige Veränderungen etwa der Leberwerte automatisch erkannt werden.
Auf diese Weise wurde auch die Syphilis-Infektion bei Andreas* entdeckt. Auch er hatte keinerlei Symptome an sich festgestellt. Sonderlich schockiert war er von diesem Zufallsbefund jedoch nicht. „Nach meiner HIV-Diagnose haut mich nichts mehr so schnell um. Eine Hepatitis C, die weitaus schwerer zu behandeln ist, hätte mir mehr zugesetzt“, gibt er zu.
Spritzen in den Arsch
Als Standardtherapie gegen die Syphilis gibt’s je eine Spritze in jede Pobacke. Damit, sagt Fenske habe man in der Regel immer Erfolg. Die Behandlung muss nur dann verlängert werden, wenn die Infektion bereits seit über einem Jahr besteht. Zum Glück also eine recht einfache und übersichtliche Sache. „Die Spritze war bei mir allerdings extrem schmerzhaft. Aber ich habe damals gedacht: Na ja, ein bisschen Strafe muss sein“, sagt Andreas und lacht.
Die ganze Sache hat ihn aber auch zum Nachdenken über sein Sexualverhalten gebracht. Die Virenmenge ist bei Andreas schon seit langer Zeit unterhalb der Nachweisgrenze, das heißt: Er ist nicht mehr infektiös. Er lässt daher beim Sex zunehmend das Kondom weg. „Das ist die Kehrseite der neuen Freiheit: Ich kann HIV nicht mehr übertragen, aber dafür fange ich mir anderes ein.“ Kondome freilich bieten nur beim Ficken einen gewissen Schutz vor einer Syphilis-Infektion. „Der Erreger kann allerdings auch durchs Blasen oder intensives Küssen übertragen werden, wenn der Partner beispielsweise eine infektiöse Stelle am Schwanz oder im Rachenraum hat“, gibt Stefan Fenske zu Bedenken. Ähnliches gilt übrigens auch für Tripper und Chlamydien. Und nach einer durchgestandenen Syphilis-Erkrankung gibt es keinen Immuneffekt, d.h. man kann sich wieder infizieren. Die nächste Syphilis lauert womöglich bereits beim nächsten Sexdate.
Andreas wird aber deshalb keineswegs künftig auf Sex verzichten. Die Gefahr einer Neuinfektion ist für ihn „ein allgemeines Betriebsrisiko“, wie er scherzhaft formuliert. Ziemlich ernst hingegen nimmt er seine Verantwortung gegenüber seinen Sexpartnern. Als er von seiner Syphilis-Infektion erfuhr, hat er Männer, mit denen er in den zurückliegenden Wochen Sex hatte und die er erreichen konnte, kontaktiert. „Denn womöglich läuft da einer, ohne es zu wissen, lange Zeit mit Syphilis durch die Gegend und infiziert andere.“
Stefan Fenske wie auch ICH WEISS WAS ICH TU empfehlen deshalb auch jedem, der mehrere Sexualpartner hat, sich regelmäßig auch auf Syphilis testen zu lassen. Sicher ist sicher.
Weiterführende Infos unter https://www.iwwit.de/wissenscenter/sti/syphilis
*Name geändert