Schwerpunkt HIV-Test (2): Der große Unterschied

25 Jahre HIV-Test in Deutschland. Einst riet die AIDS-Hilfe ab, heute wird Werbung gemacht.

Juni 1985: Der erste HIV-Antikörpertest wird in der Bundesrepublik zugelassen. Forscher triumphieren, doch die Deutsche AIDS-Hilfe rät: Nicht testen lassen! 25 Jahre später gibt’s Testwochen.

Im Juni 1985 wird aus Angst Gewissheit: Der erste HIV-Test ist in bundesdeutschen Praxen und Krankenhäusern verfügbar. Jetzt kann jeder erfahren, ob er das Virus in sich trägt oder nicht. Der Test ist ein wichtiger Etappensieg im Kampf gegen die neue tödliche Krankheit. Doch die Deutsche AIDS-Hilfe rät: Nicht testen lassen!

Warum, so wird argumentiert, sollte man sich durch ein positives Testergebnis Angst machen lassen? Wer infiziert ist, kann schließlich sowieso nichts gegen das Virus tun, denn eine Therapie ist 1985 noch Utopie. Wer ungetestet ist, darf hoffen. Wer das Ergebnis „positiv“ erhält, muss verzweifeln. Noch 1989 bekräftigt deshalb die Deutsche AIDS-Hilfe: „Der Test birgt die große Gefahr, gesunde Menschen zu Patienten zu machen.“

In den 80ern kein HIV-Test: Michael Jähme

Auch Michael Jähme von der AIDS-Hilfe Wuppertal war in den 80ern skeptisch: „Da schwappte eine Hysteriewelle durchs Land. Es war regelrecht gefährlich, eine HIV-Infektion bekannt zu machen.“  Erst 1990, bei einem Krankenhausaufenthalt, macht er einen routinemäßig angebotenen HIV-Test. Ergebnis: positiv. „Ich war geschockt“, sagt der heute 51-Jährige. „HIV hieß damals: Tod auf Raten.“

25 Jahre später, im Juni 2010, hat die Deutsche AIDS-Hilfe ihren Frieden mit dem HIV-Test längst gemacht. Mit den Testwochen von ICH WEISS WAS ICH TU macht sie sogar Werbung dafür. Denn rechtzeitig erkannt, kann HIV heute gut unter Kontrolle gehalten werden. „Ein Test lohnt sich, weil die Therapien inzwischen ein relativ normales Leben ermöglichen“, so Schwulenreferent Dirk Sander.

Auch Michael Jähme lebt. Er arbeitet als Berater bei der AIDS-Hilfe Wuppertal. Durch seine Arbeit weiß er: Für viele ist der Test noch immer harter Tobak. „Wer seine Sexualität als etwas Verwerfliches ansieht, für den hat auch der HIV-Test etwas sehr Bedrohliches.“

Auch deswegen wissen nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts etwa 25 bis 30 Prozent der HIV-Positiven in Deutschland nicht, dass sie infiziert sind. Ein Drittel der HIV- Diagnosen wird erst gestellt, wenn HIV bereits schwere Schäden im Körper angerichtet hat.

Dabei ist die Scheu vor dem Test offenbar auch eine Generationenfrage: Bei jüngeren Menschen wird eine Infektion in der Regel viel früher diagnostiziert. Die höchste „Aufklärungsrate“ erreichen schwule Positive unter 30, die in Großstädten leben: Von ihnen hat fast die Hälfte das positive Testergebnis spätestens ein halbes Jahr nach der Infektion.

IWWIT-Rollenmodell Axel wirbt für den Test

„Wir müssen uns weiterhin fragen: Was können wir zur Entdiskriminierung von Menschen mit HIV beitragen?“, betont DAH-Referent Dirk Sander. „Nur so können wir Menschen die Angst vor dem Test nehmen.“ Schließlich sei die Angst leider nicht unbegründet. „Weniger die Angst vor der Krankheit macht die Entscheidung so schwer als die Furcht vor sozialer Zurückweisung.“

(Philip Eicker)

Alle Infos zum HIV-Test auf iwwit.de

 Axel: „Ein HIV-Test bringt Klarheit“

Christoph und Maik: Sex ohne Kondom gab’s erst nach einem gemeinsam HIV-Test

Fotonachweis „Wartezimmer“: Rainer Sturm/pixelio.de

Mpox

Mpox - Aktuelle Information

Mehr Raum _ Safer Spaces for Queers

Mehr Raum

Geh zum Test

Darkroom-Charaktere: Der Wels

Schwul. Trans*. Teil der Szene!

Weitere Angebote

Wir bieten unterschiedliche Beratungsangebote an. Egal ob online, per Telefon oder im Live Chat: erfahrene und geschulte Berater*innen stehen dir bei allen Fragen rund um HIV, Geschlechtskrankheiten, Chemsex und zum psychischen Wohlbefinden zur Verfügung. Bei der Antidiskriminierungsstelle kannst du dir Hilfe suchen, wenn du aufgrund deiner HIV-Infektion Diskriminierung erfahren hast.