Wegen PrEP? Erstmals deutlicher Rückgang der HIV-Neudiagnosen an großen Londoner Kliniken

Es klingt nach einer kleinen Sensation: Nach Jahren mit gleich bleibenden oder steigenden HIV-Diagnosen bei schwulen Männern ist ihre Zahl im Jahr 2016 an vier großen Londoner Kliniken für sexuelle Gesundheit erstmals deutlich zurückgegangen.

Es klingt nach einer kleinen Sensation: Nach Jahren mit gleich bleibenden oder steigenden HIV-Diagnosen bei schwulen Männern ist ihre Zahl im Jahr 2016 an vier großen Londoner Kliniken für sexuelle Gesundheit erstmals deutlich zurückgegangen.

Es handelt sich dabei um die Kliniken 56 Dean Street, die größte ihrer Art in London (minus 40 %), Mortimer Market Centre (minus 50 %), Bart’s Health Sexual Health (minus 36 %) und Homerton Sexual Health Services (minus 40 %).

Dies meldete das HIV Treatment Bulletin Ende Dezember, nachdem aus San Francisco bereits im September 2016 ein Rückgang der HIV-Neudiagnosen um 17 Prozent gemeldet worden war; dort entfallen etwa 72 % der Neudiagnosen auf schwule und bisexuelle Männer..

Da die Zahl der HIV-Tests und die Diagnosen anderer Geschlechtskrankheiten an den Londoner Kliniken etwa gleich geblieben sind, vermuten Fachleute die Ursache dafür nicht in weniger Tests oder mehr Kondomgebrauch, sondern vor allem in der Nutzung der HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) durch Männer der schwulen Community.

Mehrere hundert Männer in London, die Sex mit Männern haben, haben seit Oktober 2014 Zugang zur PrEP. Außerdem klären PrEP-Aktivisten mit Seiten wie prepster.info und iwantprepnow.co.uk über die PrEP auf und nennen Bezugsmöglichkeiten für die PrEP-Medikamente.

Viele Männer besorgen sich diese Medikamente offenbar selbst. In England ist es legal, drei Monatsrationen Generika für den Eigenbedarf zum Beispiel in Indien zu bestellen – zu etwa einem Zehntel des Preises für das Originalpräparat (in England ca. 460 Euro).

Außerdem bieten einige Kliniken für sexuelle Gesundheit wie 56 Dean Street kostenlose Vorbereitungs- und Begleituntersuchungen für PrEP-Nutzer an (zum Beispiel die nötigen Tests auf HIV und Hepatitis B, die Kontrolle der Nieren- und Leberfunktion und Checks auf weitere Geschlechtskrankheiten). Etwa 400 Menschen nehmen dieses Angebot allein an 56 Dean Street an. Darüber hinaus überprüft das Team von 56 Dean Street die importierten Generika auf Wunsch darauf, ob sie die gleichen Wirkstoffe enthalten wie das Original. Bislang ist dabei noch keine einzige Fälschung entdeckt worden.

„Wir sollten in diesem Stadium noch sehr vorsichtig sein, aber ich wüsste nicht, was [außer der PrEP] es sonst sein soll“, erklärte PrEP-Aktivist Will Nutland vom Londoner Institut für Hygiene und Tropenmedizin, der hinter der Seite prepster.info steht.

Weitere mögliche Faktoren für den Rückgang der HIV-Neudiagnosen könnten, wie offenbar in San Francisco, frühere HIV-Diagnosen und ein früherer Behandlungsbeginn sein, denn Menschen mit HIV, deren Viruslast durch eine erfolgreiche Therapie stabil unter der sogenannten Nachweisgrenze liegt, sind sexuell nicht ansteckend („Schutz durch HIV-Therapie“).

Informationen zur PrEP

Die PrEP (HIV-Medikamente für HIV-Negative zum Schutz vor HIV) schützt schwule Männer zuverlässig vor HIV. Sie wurde unter anderem in England und Frankreich im Rahmen der PROUD- und der IPERGAY-Studie erfolgreich erprobt.

In Frankreich ist die PrEP mittlerweile nach ärztlicher Verordnung kostenlos erhältlich. In England hatte der Nationale Gesundheitsdienst NHS zunächst erklärt, er könne die PrEP nicht finanzieren, aber nach einem gegenteiligen Urteil des Obersten Gerichts eine weitere PrEP-Studie mit mindestens 10.000 Teilnehmer_innen angekündigt. In diesem Rahmen werden Kosten für die Medikamente, die nötigen Untersuchungen sowie die medizinische Betreuung übernommen.

In Deutschland ist das PrEP-Medikament Truvada® seit Herbst 2016 auch für die PrEP zugelassen und verschreibungsfähig. Wer sich damit vor HIV schützen will, muss die Kosten bislang aber selbst tragen (allein für die Medikamente über 800 Euro im Monat). Die Deutsche AIDS-Hilfe und andere HIV/Aids-Organisationen fordern daher, die PrEP solle von den Krankenkassen zuverlässig erstattet werden. Zu diesem Zweck müssten das Infektionsschutzgesetz oder die Schutzimpfungsrichtlinie des G-BA angepasst werden. Unterdessen nutzen auch hier immer mehr Menschen den „grauen Markt“, aber auch legale Wege, um an preiswerte Generika zu gelangen – zum Beispiel das Mitbringen von Generika für den Eigenbedarf bei einer Reise von Großbritannien nach Deutschland.

Weitere Fragen & Anworten rund um die PrEP gibt’s hier.

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