Rettet die Filzlaus!

Ob Tripper, Syphilis oder Chlamydien: man hat sich in den letzten Jahren an steigende Infektionszahlen gewöhnt. Doch für einen Erreger gibt es einen gegensätzlichen Trend … Ein launiger Kommentar von Armin Schafberger

Juckts-Vorderseite
Wenn’s juckt, können es manchmal auch Filzläuse sein. ICH WEISS WAS ICH TU-Postkarte zu sexuell übertragbaren Infektionen. (Foto: iwwit)

Die Filzlaus scheint vom Aussterben bedroht. Über drei Millionen Jahre hat sie ihren einzigen Wirt in all seiner Intimität begleitet. Nun teilt sie das Schicksal vieler Tierarten: der Mensch vernichtet ihren Lebensraum.

Eine Forschergruppe um Shamik Dholakia aus Milton Keynes, nordwestlich von London, hat knapp 4000 Patientinnen und Patienten über ein Jahrzehnt lang immer wieder befragt und das Auftreten von Filzlausbefall dokumentiert. Der Neubefall mit Filzläusen hat nach ihren Ergebnissen von 2003 bis 2013 dramatisch abgenommen. Wurden zu Beginn des Jahrzehnts noch 1,82 % jährlich von den Plagegeistern befallen, waren es 2013 nur noch 0,07 %. Die Filzlaus scheint zumindest aus der Gegend von Buckinghamshire fast komplett verschwunden zu sein.

Ursache ist nicht ein Rückgang sexueller Begegnungen – dafür sprechen steigende Diagnosen von anderen sexuell übertragbaren Erkrankungen. Zudem kann die Filzlaus auch ohne Sex über Bettwäsche oder engen Kontakt übertragen werden.

Was aber kann dann der Grund sein? Die Forschungsgruppe sagt, dass der Laus das Habitat, also ihr natürlicher Lebensraum, verloren gegangen ist.

Im Untersuchungszeitraum sank nämlich auch die Zahl derjenigen, die noch stolz ihr Schamhaar in voller Länge tragen. Wo aber kein Haar, da auch keine Möglichkeit zur Eiablage – aus ist’s mit der Laus. Bei den wenigen, die mit Filzlausbefall in der Klinik vorstellig wurden, fand sich denn auch mit fast absoluter Sicherheit von knapp 95 Prozent unbeschnittenes Schamhaar.

Man schätzt, dass im angloamerikanischen Raum 70 bis 80 Prozent der Erwachsenen das Schamhaar komplett oder teilweise entfernen. In dem Untersuchungskollektiv in Milton Keynes waren es sogar 85 Prozent, allerdings waren die Patientinnen und Patienten im Durchschnitt auch nur 24 Jahre jung.

Befragt nach den Gründen für die Schamhaarentfernung wurden zwei Motive genannt: kosmetische und hygienische, wobei die kosmetischen bei weitem überwiegen – mit steigender Tendenz. Die Forschergruppe macht dafür medialen Druck bzw. die Mode verantwortlich.

Gibt es noch Hoffnung für die Laus? Oder wird sie wie Luchs und Wisent bald zu den aus Europa verschwundenen Tierarten zählen? Sie könnte, so die Forscher, auf neue Habitate ausweichen. Bereits heute kann sie zur Not auch mit der Brust- oder Bartbehaarung vorliebnehmen.

Die Mode, die sie zum Niedergang verdammt, könnte ihr also auch die Rettung bringen, denn der Bart ist wieder in, zumindest seit dem letzten Eurovision Song Contest. Und wer weiß: Vielleicht bringt uns der nächste Song Contest ja auch die Schambehaarung wieder?

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