PrEP-Start: Von Null auf Hundert in drei Wochen!

Du hast Dich entschieden die PrEP zu nehmen? Und am liebsten würdest Du jetzt sofort damit beginnen? Nun ja, eine PrEP bekommst Du nicht einfach an jeder Ecke. Was genau alles zum PrEP-Start dazu gehört und vor allem, wie lange es von der Entscheidung für die PrEP bis zur ersten Tabletteneinnahme dauern kann.
Von der Entscheidung für die PrEP bis zum Tag, an dem die Tabletten da sind können bis zu 3 Wochen vergehen.

Der PrEP-Start unter der Lupe: Was gehört dazu? Und wie lange dauert das?

Du hast Dich entschieden die PrEP zu nehmen? Und am liebsten würdest Du jetzt sofort damit beginnen? Nun ja, eine PrEP bekommst Du nicht einfach an jeder Ecke. Was genau alles zum PrEP-Start dazu gehört und vor allem, wie lange es von der Entscheidung für die PrEP bis zur ersten Tabletteneinnahme dauern kann – dazu haben wir uns unter Prepstern, bei Ärzten, einem Checkpoint und einem Apotheker umgehört. Außerdem geben wir Dir Tipps, woran man denken muss, bis man mit der PrEP beginnen kann.

Etwas Geduld ist beim PrEP – Start gefragt. Wir sagen Dir worauf Du achten kannst und wie lange es dauert.

Was sagen die PrEPster?

Volker

Volker kommt aus Berlin. Er ist 45 Jahre alt und nimmt seit April dieses Jahres die PrEP. Die Entscheidung ist langsam ihn ihm gereift. Er hat in der Szene zum ersten Mal von PrEP gehört. „Ich habe dann einen Info-Abend mit der Berliner AIDS-Hilfe besucht und auf eigene Faust noch etwas recherchiert“, beschreibt er sein Vorgehen. Er ist zu seinem Hausarzt in Berlin gegangen, der ihn auch sonst betreut. „Mit ihm habe ich noch einmal gesprochen“, erzählt er. Das ausführliche Beratungsgespräch bestärkte Volker darin, mit der PrEP zu beginnen. Auf den Termin hat er eine Woche gewartet. Es folgten die für PrEP vorgeschriebenen bzw. empfohlenen Tests: HIV, Hepatitis B sowie die sexuell übertragbaren Infektionen, wie Syphilis, Chlamydien und Gonorrhö. Nachdem nach ein paar Tagen alle Ergebnisse vorlagen, bekam er sein erstes Rezept für die Blister-PrEP und ging damit zur Apotheke. Nach weiteren zwei Tagen war es dann soweit. Volker hielt seinen ersten Blister mit 28 PrEP-Tabletten in den Händen. „Alles in allem hat es bei mir 10 Tage gedauert, bis ich mit der PrEP starten konnte“, resümiert er.

Marc

Marc ist 47 Jahre alt und kommt aus Göttingen in Niedersachsen. Der größte Unterschied zu Volker, der in Berlin zwischen mehreren Praxen und Apotheken auswählen kann, ist der, das Marc in Göttingen diese Auswahl nicht hat. „Ein einziger Arzt in Göttingen, der sich sonst schwerpunktmäßig um Patient_innen mit HIV kümmert, übernimmt die Betreuung der PrEPster in und um Göttingen“, so Marc. Trotz dieser etwas schwierigeren Ausgangslange hat auch Marc hier nur eine Woche auf seinen ersten Termin gewartet. Und auch die Zeit, bis die Testergebnisse vorlagen und er sein erstes Rezept bekam, lag bei ihm ungefähr bei 10 Tagen. Marc hat in Göttingen keine Apotheke, die ihm die Blister-PrEP besorgen kann. Marc hat daher nur die Möglichkeit, ein teureres Produkt eines anderen Herstellers zu wählen. Der Vorteil bei dieser Variante: Das Produkt ist sofort verfügbar. Insgesamt hat es für Marc also etwa zweieinhalb Wochen gedauert.

Damit eine Apotheke die Blister-PrEP anbieten kann, muss die Apotheke am Blister-Pilotprojekt teilnehmen. Momentan sind das gut 65 Apotheken in Deutschland, die auch Mitglied der Deutschen Arbeitsgemeinschaft der HIV kompetenten Apotheken sind. Außerdem müssen die Mitarbeiter_innen der Apotheke zusätzlich geschult werden.

Marcel

Marcel musste den größten Aufwand betreiben. Er ist 35 und kommt aus Karlsruhe in Baden- Württemberg. „Kein Arzt weit und breit betreut hier PrEPster“, berichtet Marcel. Dafür hätte er entweder nach Stuttgart oder Mannheim fahren müssen. Zuviel Aufwand. Marcel hat schließlich seinen Hausarzt angesprochen. „Ich habe ihn mit Infos regelrecht zugespamt“, beschreibt er sein Vorgehen. „Aber mein Doc hat toll reagiert und war bereit, sich in das für ihn ungewohnte Themengebiet einzuarbeiten.“ Sein Arzt hat sich schlau gemacht und Marcel war nach 48 Stunden wieder bei ihm. So kann Marcel seit diesem Frühjahr die PrEP nehmen. Und auch die alle 3 Monate vorgeschriebenen PrEP-Checks übernimmt der Hausarzt. Wenn man die Woche rausrechnet die Marcel gebraucht hat, um einen Arzt zu finden, dauerte es vom ersten Check bis zur Einnahme der ersten Pille auch zwei Wochen.

Erste Station: Die Ärzte

Dr. Kümmerle (Köln)

„Wir planen für ein erstes Gespräch auch eine halbe Stunde ein.“

Der Ebertplatz im Zentrum von Köln. Hier betreibt Dr. Tim Kümmerle mit sechs Kolleg_innen eine Gemeinschaftspraxis. „Insgesamt kommen pro Quartal 150 Patienten, die die PrEP nehmen, zu uns“, sagt Kümmerle. Wer einen Termin für eine Erstberatung braucht, wartet zwischen zwei und drei Wochen. „Wir planen für ein erstes Gespräch auch eine halbe Stunde ein. Und die Erfahrung hat gezeigt, dass das realistisch ist.“ Kümmerle erzählt, dass die Männer, die PrEP nehmen wollen, schon recht gut informiert sind, aber im Gespräch doch noch die ein oder andere Frage auftaucht.
Nachdem Gespräch folgen die üblichen Tests auf HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen. Von seinem Labor hat Dr. Kümmerle die Ergebnisse meist nach drei Tagen. Erst drei Mal in den vergangenen zwei Jahren konnte einem Patienten die PrEP nicht verschrieben werden. „Beim ersten Check stellte sich heraus, dass zwei schon HIV-positiv sind und ein dritter eine akute Hepatitis hatte“, nennt Kümmerle als Gründe. Seine Patienten sieht der Kölner Arzt regelmäßig, denn alle drei Monate steht der routinemäßige PrEP-Check an. Wenn alles okay ist, gibt es das Rezept für die nächsten drei Monate.

„Wir planen für ein erstes Gespräch auch eine halbe Stunde ein. Und die Erfahrung hat gezeigt, dass das realistisch ist.“

Dr. Kümmerle (Köln)

Eine Wartezeit von zwei bis drei Wochen für einen Termin zur PrEP-Erstberatung ist auch in der Praxis von Dr. Roger Vogelmann in Mannheim der Standard. In der Stadt gibt es zwei weitere Praxen, die PrEPster begleiten. Dr. Vogelmann teilt die Beobachtung von seinem Kölner Kollegen, was den Informationsstand und den Beratungsbedarf seiner Patienten angeht.

Dr. Vogelmann (Mannheim)

Dr. Vogelmann kooperiert bei der PrEP mit einem Checkpoint.

Der größte Unterschied zu seinen Kollegen in Köln ist der, dass Dr. Vogelmann mit einem Checkpoint kooperiert. „Aus Kapazitätsgründen und weil es für die PrEPster günstiger ist, empfehlen wir unseren Patienten, die vorgeschriebenen Checks dort zu erledigen. Lediglich den Kreatininwert, der Auskunft über den Zustand der Niere gibt, bestimmen wir hier in der Praxis. Das kann der Checkpoint im Moment noch nicht leisten“, erläuterte er. Das ist deshalb so wichtig, weil die Wirkstoffe, die in der PrEP enthalten sind, in einigen wenigen Fällen die Nieren zu stark belasten können. Fälle, in denen er die PrEP nicht verschreiben konnte, gab es bisher in seiner Praxis nicht.

Tipp: Auf iwwit.de findest Du zwei verlinkte Listen von Ärzten in Deutschland, die Dich zur PrEP beraten und diese verschreiben können.
Damit Ärzte die PrEP verschreiben können, müssen Ihnen die behördlichen Schulungsmaterialien zum PrEP-Wirkstoff vorliegen.

Zweite Station: Der Checkpoint

Die Max-Josef-Straße in der Mannheimer Neckarstadt zählt zu den schönsten Straßen Mannheims. Alte herrschaftliche Häuser und viele Bäume. Hier hat KOSI.MA seinen Sitz, das Kompetenzzentrum zu sexuell übertragbaren Infektionen in Mannheim. Jeden zweiten Donnerstag und neuerdings jeden vierten Mittwoch im Monat können sich hier Menschen auf HIV und STI testen lassen und werden umfänglich zu allen Fragen rund um Safer Sex und sexueller Gesundheit beraten.

Wie bei allen Beratungen, die im Checkpoint von KOSI.MA angeboten werden, ist auch die Beratung zur PrEP anonym.

„Seit Anfang des Jahres bieten wir zusätzlich den PrEP-Check an. Wir arbeiten mit dem, von der Hamburger Beratungsstelle Hein und Fiete entwickelten PrEP-Checkheft. Das blaue Heft wurde nach Absprachen mit Hamburg, in Baden-Württemberg im Arbeitskreis Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), für unser Bundesland neu aufgelegt“, berichtet Marc Fischer, Leiter des Checkpoints von KOSI.MA. Wie bei allen Beratungen, die hier angeboten werden, ist auch die Beratung zur PrEP anonym. „Wir arbeiten deshalb mit dem RKI-Code, einer Kombination aus Zahlen und Buchstaben des Vor- und Nachnamen“, erklärt Marc das Verfahren. Die Ergebnisse aus dem Labor werden dann von ihm und seinem Team direkt an die behandelnden Ärzte weitergeleitet. Dieses Verfahren hat sich bewährt.

Dritte Station: Der Apotheker

Ralf Busch ist Apotheker in Mannheim. Er darf, neben einer zweiten Apotheke in der Stadt, die PrEP auch in Blistern abgeben. Das liegt, wie oben beschrieben, daran, dass er als Mitglied der DAHKA am Blister-Programm teilnimmt. Insgesamt 60 PrEPster kommen regelmäßig zu ihm. Davon kaufen die allermeisten die Blister-PrEP.
Bei der Blister-PrEP sind die Tabletten in kleine Einmaltüten (sogenannte Blister) eingeschweißt. Die Blister-PrEP ist mit rund 40 Euro günstiger als Produkte anderer Hersteller. Diese sind jedoch im Gegensatz zur Blister-PrEP sofort verfügbar. Wenn keine Wochenenden oder Feiertage die Bestellung hinauszögern, haben seine Kunden ihre Blister-PrEP innerhalb von zwei Tagen. Ein großer Beratungsaufwand entsteht für ihn und sein Team meist nicht. „Die Jungs sind alle gut informiert“, beschreibt Busch seinen Eindruck. „Wenn es Fragen gibt, beziehen die sich meist auf mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, die zusätzlich eingenommen werden.“

Die Blister-PrEP

PrEP: Ein Ausblick zum Schluss

Im Herbst 2017 konnte dank des Engagements eines Kölner Apothekers, die PrEP erstmals relativ bezahlbar und gleichzeitig legal vielen Menschen zugänglich gemacht werden. Ein Jahr danach ist vieles sicher noch nicht optimal. In manchen Städten ist die günstigere Blister-PrEP noch nicht in den Apotheken verfügbar. Oder es gibt keine Ärzte, die die Versorgung übernehmen können. Auch die Kosten, die jeder bei einem Arztbesuch für den PrEP-Check selbst tragen muss, variieren: Je nach Praxis können sie zwischen 30 bis 75 € liegen. Und sicherlich warten manche auch länger als drei Wochen auf einen Termin für die PrEP-Erstberatung. Aber insbesondere in größeren Städten sind PrEPster in Deutschland recht gut versorgt.

Unsere Tipps, damit es auch für EUCH reibungslos verläuft:

  • Denkt daran, zwischen dem ersten Anruf beim Arzt, um einen PrEP-Termin auszumachen und dem Tag, bis ihr die PrEP-Tabletten in Händen haltet dauert es im Schnitt zwei bis drei Wochen.
  • Informiert Euch, welche Ärzte Euch betreuen können und welche Kosten damit verbunden sind! Mehr dazu auf iwwit.de
  • Wichtig ist dabei natürlich, dass Ihr vor dem HIV-Test beim Arzt 6 Wochen lang keine Risikosituation gehabt haben dürft. Stichwort „diagnostisches Fenster“ von HIV-Tests.
    Alle Infos zu allen Checks vor und während der PrEP gibt’s ebenfalls auf iwwit.de.
  • Wenn Ihr Euren ersten Termin beim Arzt hinter Euch habt, macht gleich beim Gehen den Termin für den nächsten PrEP-Check aus, dann verhindert Ihr längere Wartezeiten!
  • Kalkuliert ungefähr zwei Tage für die Bestellung Eurer Tabletten ein – wenn Ihr Euch für die Blister-PrEP entscheidet.
  • Behaltet Euren Vorrat im Blick – rechtzeitig Folgerezept besorgen und zur Apotheke bringen!
  • Habt Spaß beim Sex! 😉

Anmerkung der Redaktion: Die Überschrift dieses Artikels behauptet ausdrücklich nicht, dass es bei der Safer Sex-Methode PrEP einen 100prozentigen Schutz vor HIV gibt. Gleiches gilt natürlich auch für die anderen beiden Safer Sex-Methoden Kondom und Schutz durch Therapie. Deshalb gehören regelmäßige Checks auf HIV und auch andere STI für alle dazu. Mehr zum Test auf iwwit.de

PREP-Engpass: Das kannst du tun

Akzeptanz in der Szene

Geh zum Test

Darkroom-Charaktere: Der Wels

Schwul. Trans*. Teil der Szene!

Weitere Angebote

Wir bieten unterschiedliche Beratungsangebote an. Egal ob online, per Telefon oder im Live Chat: erfahrene und geschulte Berater*innen stehen dir bei allen Fragen rund um HIV, Geschlechtskrankheiten, Chemsex und zum psychischen Wohlbefinden zur Verfügung. Bei der Antidiskriminierungsstelle kannst du dir Hilfe suchen, wenn du aufgrund deiner HIV-Infektion Diskriminierung erfahren hast.