Einfach nur zum Quatschen und Biertrinken geht wohl kaum jemand ins Lab.Oratory. In dem Berliner schwulen Sexclub geht es vor allem um das Eine und dazu lässt man, etwa bei den Naked Partys auch gleich nach dem Betreten die Klamotten fallen. Wer hier den Abend verbringt, will zur Sache kommen. Und welche Rolle spielt dabei Safer Sex? Oder besser: Welche Form des Safer Sex bevorzugen die Besucher? Schließlich gibt es neben dem Kondom mittlerweile auch die PrEP und Schutz durch Therapie, um eine HIV-Übertragung zu verhindern.
ICH WEISS WAS ICH TU hat unter den Gästen einige unterschiedliche Stimmen zum Thema Safer Sex eingefangen, ohne Anspruch auf Repräsentativität.
Dennis* (24) aus Sachsen:
„Ich war erst einmal beim Lab. Freunde hatten mir davon erzählt und das hatte mich total neugierig und geil gemacht. Aber so richtig vorstellen, wie es da zugeht, konnte ich es mir dann doch nicht. Ich hatte Angst, dass mich das vielleicht überfordert, das alles viel zu heftig für mich ist. Und ja, ich hatte auch Bammel, hinterher mit irgendeiner Krankheit nach Hause zu fahren. Man hört ja immer wieder, wie wild die Szene ist, gerade in Berlin.
„Ich fühlte mich dann nicht uncool oder so, nur weil ich Kondome nehme.“
Ich war dann etwas beruhigter, als ich auf der Webseite las, wie es auf der „Naked Party“ zugeht. („Klamotten an der Garderobe abgegeben, Gummis und Gleitcreme in die Socken gesteckt und los geht’s.“, d. R.) Ich habe dann zwar auch welche gesehen, die ohne Gummi Sex hatten, aber es war doch eher die Ausnahme. Mich hat das beruhigt und ich fühlte mich dann nicht uncool oder so, nur weil ich Kondome nehme.“
Marc (38) ist ein Stammbesucher des Clubs:
„Anders als vielleicht bei Grindr oder so checkt man sich ja nicht erst lange aus.“
„Ich komme schon seit ein paar Jahren regelmäßig hierher, weil ich genau weiß, was mich erwartet und dass ich hier Spaß haben kann. Ich habe mittlerweile fast alle verschiedenen Mottopartys durch, nur die ganz extremen Sachen nicht. Was aber auffällig ist: dass man immer häufiger auch Leute ohne Gummi vögeln sieht. Das hat sich schon verändert. Gerade in den letzten Monaten haben die Prepster (Nutzer der PrEP, d. R.) zugenommen. Gerade auch viele, die man ständig hier trifft. Ich habe kein Problem damit, mit Kondom zu ficken oder mich ficken zu lassen. Ohne Kondom aber schon. Anders als vielleicht bei Grindr oder so checkt man sich ja nicht erst lange aus. Wenn mir da einer also signalisiert, dass er ohne Gummi will, irritiert mich das. Ist einfach so. Ich weiß ja nicht, ob der die PrEP wirklich nimmt oder nur Quatsch erzählt, ohne wirklich zu checken, was er da erzählt.“
Ricardo, 31, lebt seit einem Jahr in Berlin:
Man „ist eben nicht immer ein guter, braver Junge. „
„Ich habe eine Weile die PrEP nur am Wochenende oder so genommen, weil die Pillen so teuer waren und es so kompliziert war, an sie ranzukommen. Ich fand das sehr umständlich. Seit die Pillen jetzt preiswerter geworden sind, leiste ich mir, sie jeden Tag zu nehmen. Früher habe ich eigentlich immer darauf geachtet, Gummis zu nehmen. Aber wie es nun mal so ist: man macht Party, wirft auch mal was ein – und ist eben nicht immer ein guter, braver Junge. Bis auf nen Tripper hatte ich aber Glück. Seit ich die PrEP nehme, habe ich fast nur noch Sex ohne Kondom. Ich war überrascht, wie schnell das für mich selbstverständlich geworden ist. Mittlerweile erscheinen mir Kondome etwas oldfashioned und lästig, obwohl das natürlich gar nicht stimmt. Ich finde es ok, wenn andere weiterhin Kondome nehmen. Hauptsache, sie denken überhaupt über Safer Sex nach, bevor sie den Arsch hinhalten.“
Thomas, 35, lebt schon immer in Berlin und hat vor 7 Jahren sein positives Testergebnis bekommen:
„…wobei mir persönlich „mit“ doch lieber ist. Gerade dann, wenn man Sex in Darkrooms oder so hat.“
„Für mich war die Nachricht, unter der Nachweisgrenze zu sein, mindestens so einschneidend wie damals das Testergebnis. Ich hatte in der Folge fast nur Sex mit anderen Positiven, vor allem auch, weil man nicht groß was erklären musste. Mit vielen dann auch ohne Gummi, wobei mir persönlich „mit“ doch lieber ist. Gerade dann, wenn man Sex in Darkrooms oder so hat. Ich hatte mal eine Syphilis und mein damaliger Arzt, aber auch zwei Freunde haben mir dann ziemlich ins Gewissen geredet, besser auf mich zu achten. Also darauf, mir nicht unnötig Geschlechtskrankheiten einzuhandeln. Das versuche ich auch möglichst umzusetzen. Das klappt sicher nicht immer, klar. Aber wenn ich ganz gezielt wohin gehe, wie ins Lab, dann bin ich auch entsprechend ausgerüstet.“
Chris, 27, ist seit zwei Jahren wieder Single und besucht seitdem regelmäßig Darkroomclubs und Sexpartys:
„Bei mir gilt immer noch: ‚Wer Ficken will, muss freundlich sein.‘ „
„Mir ist es in letzter Zeit schon ein paar Mal passiert – nicht nur hier, sondern auch bei anderen Sexpartys – dass mich Typen einfach stehen ließen, als ich mein Gummi ausgepackt habe. Ich bin mir dann nicht sicher, wie ich darüber denken soll. Man ist ja gewohnt, auch mal nicht zu landen, aber das ist ¢ne Art, die ganz schön frustriert. Andererseits: Vielleicht ist es auch besser, dass ich mit solchen Typen gerade keinen Sex habe. Bei mir gilt immer noch: ‚Wer Ficken will, muss freundlich sein‘. Und wer sich so verhält, ist es definitiv nicht. Die wissen nicht, was sie verpasst haben und wer weiß, was ich mir so erspart habe. Ich bin zum Glück alt und selbstbewusst genug, und es sind ausreichend Männer für alle da. Aber wäre ich jetzt ein paar Jahre jünger – keine Ahnung wie ich mich da verhalten hätte?“
* die Namen sind von der Redaktion geändert
Mehr Infos gibt’s auf www.iwwit.de!
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