Ein ekliges Vieh setzt sich in einem menschlichen Körper fest, wächst unbemerkt und macht alle platt, bis es endlich vernichtet wird. So lässt sich der Horrorklassiker „Alien“ zusammenfassen. Ähnliches spielt sich häufig in den Ärschen schwuler Männer ab. Die Aliens heißen dann aber Feigwarzen, Chlamydien und Tripper. Dabei wäre der Horror schnell vorbei, würden passive – aber auch aktive – Jungs ihren Hintern regelmäßig zum Proktologen, Urologen oder Hautarzt schwingen.
Malte* ist 24, unverschämt gut gebaut und noch hübscher, wenn er rot wird. So wie in dem Moment, als er vom „Blumenkohl“ erzählt. Ein Typ habe ihn vor ein paar Monaten beim Sex gefragt: „Sag mal, weißt du, dass du ganz komische Gnubbel an der Rosette hast?“ – „Gnubbel???“ – „Ja, sieht aus wie Blumenkohl.“ Er sei eher zu seinem Hausarzt gerannt als gegangen, gesteht Malte. Diagnose: Feigwarzen. Überweisung: Proktologie. „Auf dem Weg dorthin kam ich mir richtig dreckig vor und hätte vor Scham flennen können.“
Beine breit für die Diagnose
Proktologen sind Ärzte, die Erkrankungen des Darmausgangs behandeln. Sie untersuchen ihre Patienten auf einem Stuhl, der so ähnlich aussieht wie der beim Frauenarzt. Dr. Andreas Bellmunt kennt die Hemmungen von Patienten, darauf die Beine breit zu machen. In seiner HIV-Schwerpunktpraxis in Dortmund untersucht er schwule Männer oft auch auf Geschlechtskrankheiten im Hintern und muss bei einigen erst Überzeugungsarbeit leisten. „Ich erläutere sachlich, wieso wir eine exakte Diagnose brauchen – genau wie bei anderen Stellen des Körpers auch.“
Neben Papilloma-Viren, die Feigwarzen verursachen können, haben schwule Männer häufig Chlamydien und Tripper. So kam vor ein paar Jahren bei einer amerikanischen Studie mit vermeintlich gesunden Schwulen und Bi-Typen heraus, dass fast jeder Zehnte Chlamydien im Arsch hatte. Dass diese Männer von der Infektion überrascht waren, ist nicht ungewöhnlich: Die Bakterien machen sich im Hintern lange nicht so deutlich bemerkbar wie in der Harnröhre. Manche Patienten mit Chlamydien oder Tripper klagen lediglich über ein „komisches Gefühl“. Bei anderen klebt Schleim am Kot oder es blutet ein bisschen.
Die Biester müssen weg
Doch egal, wie die Symptome ausfallen: Chlamydien und Tripper sind Eindringlinge, gegen die sich der Körper wehrt. „Das führt früher oder später zu Entzündungen, die das Gewebe verletzlicher und anfälliger gegen weitere Infektionen machen“, erläutert Bellmunt. Die Biester müssen also weg. Das gleiche gilt für Papilloma-Viren, von denen es zahlreiche Arten gibt. Zwar werden Feigwarzen von eher harmlosen Viren hervorgerufen. Doch sie können mit Verwandten auftreten, die Krebs auslösen.
In der Regel lassen sich Feigwarzen gut mit einer Salbe behandeln. Bei Malte hatten sie allerdings Zeit zu wuchern. Sein Proktologe musste sie deshalb per Laser wegbrennen –in mehreren Sitzungen jeweils mit lokaler Betäubung. „Je mehr Warzen entfernt werden müssen, desto gravierender der Eingriff“, bestätigt Dr. Bellmunt. Bei manchen Patienten sei sogar eine Vollnarkose nötig, um ganze Kolonien wegzuschneiden. Eine mögliche Folge: Die Haut vernarbt und wird weniger sensibel.
Vorm Termin normal aufs Klo
Obwohl die Wundheilung ein paar Wochen gedauert hat, kann Malte über sein erstes Mal beim Popo-Doktor schon schmunzeln. „Als ich auf dem Untersuchungsstuhl lag, hat mich der Proktologe gleich als erstes gefragt, ob ich meinen Darm gespült hätte. Das hatte ich tatsächlich, weil ich mich sonst dreckig gefühlt hätte.“ Der Arzt habe ihn gebeten, vor dem nächsten Besuch ganz normal aufs Klo zu gehen. Das sei wichtig, weil der Darm nach dem Spülen Schleim absondert und man deshalb weniger erkennen könne. „Dann hat er mir zugezwinkert und gesagt, dass er schon weiß, worauf er sich hier einlässt.“
Arsch in der Hose? Ab zur Kontrolle!
Leichtes Spiel haben Chlamydien, Tripper und Papilloma-Viren vor allem bei unsafer Sex. Man kann sich aber auch beim Fingern anstecken. Dr. Andreas Bellmunt rät passiven Männern deshalb, sich regelmäßig proktologisch untersuchen zu lassen. Wie oft, das müsse jeder selbst entscheiden. Wer immer Kondome benutzt, dem reicht vielleicht eine jährliche Kontrolle. Wer den Sexpartner dagegen häufig wechselt, lässt sich besser alle sechs Monate einen Termin geben. „Manche meiner Patienten kommen von sich aus sogar alle drei Monate“, berichtet der Dortmunder Arzt. „Die wissen wohl warum …“
*Name geändert
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