Es gibt in Deutschland nur ein Medikament, das für die PrEP zugelassen ist. Im Moment ist es kaum noch lieferbar. Teilweise haben Apotheken Restbestände, aber immer mehr PrEP-Nutzer*innen gehen leer aus. Auch mussten schon Patient*innen bei ihrer HIV-Behandlung auf andere Medikamente umgestellt werden. Ein Zustand, der wohl bis mindestens März 2024 anhalten wird. Das meldet die Arbeitsgemeinschaft ambulant tätiger Ärztinnen und Ärzte für Infektionskrankheiten und HIV-Medizin (dagnä) in einer Pressemitteilung.
In manchen Städten gibt es bereits gar keine PrEP mehr, wie IWWIT von Organisationen vor Ort erfährt. In anderen, zum Beispiel Berlin, verschreiben manche Praxen nur noch Monatspackungen, damit die Medikamente länger reichen – normal ist sonst eine Packung für drei Monate. Die Situation verschärft sich von Tag zu Tag.
Die Gründe für das Problem sind vielschichtig. So haben zum Beispiel zwei Fabriken nach unseren Informationen Produktionsprobleme. Außerdem scheint es einzelne Schwierigkeiten in der Lieferkette und eine verstärkte Nachfrage zu geben. Auch Preisunterschiede auf dem europäischen Arzneimittelmarkt dürften eine Rolle spielen: Hersteller bekommen in vielen Nachbarländern offenbar mehr Geld für ihre Medikamente als in Deutschland.
Jonathan Gregory, Leitung von IWWIT: „Es ist schwierig zu sagen, wann sich die Lage wieder entspannen wird. Klar ist: Wir haben einen Mangel und es können im Moment nicht alle Menschen, die das Medikament für die PrEP oder die Therapie brauchen, versorgt werden. Da gibt es nichts zu beschönigen.“
Trotzdem gibt es teilweise noch Wege, wie PrEP-Nutzer*innen an ihr Medikament kommen können. Im Folgenden kommen unsere Vorschläge zum Umgang mit der schwierigen Situation.
Was PrEP-Nutzer*innen jetzt tun können
An HIV-Apotheken wenden
Falls deine Apotheke keine PrEP mehr hat, wende dich an ein Mitglied der Arbeitsgemeinschaft HIV-kompetenter Apotheken (DAHKA). Diese Apotheken tauschen sich untereinander aus und unterstützen sich gegenseitig bei der Versorgung mit der PrEP, sofern es noch Bestände gibt. Du kannst auch über Online-Apotheken Anfragen stellen. Dafür bitte dein*en Ärzt*in um ein E-Rezept. Damit ist eine Bestellung deutlich einfacher.
Einzelimporte aus dem Ausland
Apotheken können versuchen, das PrEP-Medikament im Ausland zu bestellen, wenn sie vorher die Genehmigung der Krankenkasse einholen. Manche Apotheken wissen das nicht oder scheuen den Aufwand. Frag am besten nach einem „Einzelimport nach § 73 Absatz 3 Arzneimittelgesetz (AMG)“. Es gibt aber keine Garantie, dass die Apotheke das macht und dass im Ausland Medikamente verfügbar sind.
Anlassbezogene PrEP
Für einige Anwender*innen der täglichen Dauer-PrEP könnte es zudem eine Option sein, zumindest vorübergehend auf die sogenannte anlassbezogene PrEP umzusteigen, bei der man lediglich vor und nach (geplantem) Sex Tabletten nimmt. Mehr Informationen dazu findest du unter aidshilfe.de/hiv-prep/einnahmeschema.
Bei Therapie frühzeitig auf Praxis zugehen
Falls bei dir die Wirkstoffkombination Emtricitabin plus Tenofovirdisoproxil in der HIV-Behandlung zum Einsatz kommt, geh auf deine Praxis zu, bevor deine Tabletten zur Neige gehen, damit genug Zeit ist, um neue zu beschaffen zu versuchen.
Andere Safer-Sex-Optionen prüfen
Wenn alles nichts hilft, kannst du überlegen, ob andere Safer-Sex-Optionen wie das Kondom oder Schutz durch Therapie für dich in Frage kommen, bis die PrEP wieder verfügbar ist.
Sich austauschen
Es kann auch hilfreich sein, mit anderen PrEP-Usern über ihre Erfahrungen zu reden, zum Beispiel in der Facebook-Gruppe PreP.Jetzt. Natürlich kannst du dich auch bei unserem Gay Health Chat oder bei einem anderen Angebot der Deutschen Aidshilfe beraten lassen.
Wir fordern Versorgungssicherheit
Die Deutsche Aidshilfe setzt sich für Versorgungssicherheit bei HIV-Medikamenten ein und hat das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgefordert, die Probleme bei der Versorgung zu lösen.
„Wir lassen nicht locker, bis alle, die das Medikament für die PrEP oder die Therapie brauchen, es auch bekommen. Darauf könnt ihr euch verlassen!“, so IWWIT-Kampagnenleiter Gregory.
Meldung der Deutschen Aidshilfe zum PrEP-Engpass