Ab sofort findet europaweit die größte Befragung schwuler Männer statt, die es je gegeben hat (vom Eurovision Song Contest mal abgesehen). Wer mitmacht, setzt auch politisch ein Zeichen.
So etwas hat es noch nie gegeben: Seit Freitagabend, 18 Uhr, können Schwule in 31 europäischen Ländern einem internationalen Forscherteam online Auskunft über ihren Lebensstil und ihr Wissen zu schwulen Gesundheitsthemen geben. Gefragt wird nach Sexualität, Beziehungen und dem Umgang mit HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen. Der Fragebogen steht in 25 Sprachen zur Verfügung.
Die Ergebnisse der gigantischen Umfrage namens EMIS ( „European MSM Internet Survey“) sollen zeigen, wie Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), in den jeweiligen Ländern mit Gesundheitsrisiken beim Sex umgehen. So können künftig Informationen über Schutz und Umgang mit Risiken optimal auf die Zielgruppen zugeschnitten werden.
„Auf die Größe kommt es an!“ – mit diesem Slogan wird das Projekt in Deutschland beworben. Denn je mehr Männer an der Umfrage teilnehmen, desto aussagekräftiger sind die Ergebnisse.
Vor allem können hohe Teilnehmerzahlen aber ein wichtiges politisches Signal setzen. In vielen homophoben Ländern – zum Beispiel in Osteuropa – haben Schwule nämlich besonders schlechte Voraussetzungen, um sich um ihre Gesundheit zu kümmern. Stigmatisierung von Homosexualität erschwert den Zugang zu Informationen über Risiken, HIV-Test-Angeboten und HIV-Therapien. Diskriminierung vermindert oft auch die Motivation, sich zu schützen.
„Mit einer massenhaften Teilnahme an der Umfrage können Schwule jetzt europaweit den Anspruch anmelden, mit ihren gesundheitlichen Bedürfnissen von der Politik ernst genommen zu werden“, sagt der Schwulenreferent der Deutschen AIDS-Hilfe, Dr. Dirk Sander. „Wir bauen darum auf möglichst viel Unterstützung aus der Community!“
Die Deutsche AIDS-Hilfe ist eine der zahlreichen Organisationen, die an dem Forschungsprojekt beteiligt sind. In Deutschland sind außerdem die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA), das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Wissenschaftszentrum Berlin (WZB) eingebunden.
EMIS setzt die bekannten Safer-Sex-Umfragen des Soziologen Michael Bochow fort, der selbstverständlich auch mit von der Partie ist.
Bis zum 31. August sind die Fragebögen online. Auf geht’s!
(Holger Wicht)